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Klara, 12 Jahre Aufnahme von 2010
Der Sechser im Lotto

Klara ist ziemlich genau 9 Monate nach unserem Umzug in unser damals neu gebautes Haus geboren. Sie hat mit ihren drei großen Schwestern unser „Kleeblatt“ der ungeplanten Wunschkinder vervollständigt. Zum Glück war das Dachgeschoss noch ausbaufähig…


Obwohl ich bereits 35 Jahre war, als ich mit Klara schwanger wurde, haben wir uns bewusst gegen eine Fruchtwasseruntersuchung entschieden: Neben den Risiken, die diese Diagnosemethode für das ungeborene Kind hat, hätten wir uns eine Abtreibung nicht vorstellen können. Und wir hatten natürlich nicht damit gerechnet, dass wir den „6er im Lotto“ (Zitat meiner Schwester zur Geburt von Klara) tatsächlich treffen würden.


Aus der Frage „Warum wir?“ wurde ziemlich bald ein „Warum nicht wir?“. Nach den ersten sehr verschlafenen Monaten (Klara konnte selbst unterm Stillen mehrfach einschlafen) war sie ein fröhliches, lebhaftes und sehr neugieriges Mädchen – und sie war von klein auf darum besorgt, dass immer alle Familienmitglieder schön beisammen bleiben.


Klara war in einer tollen Kindertagesstätte mit integrativer Gruppe, wohnortnah – weil wir nach ca. 2-jähriger Vorarbeit zufällig das Glück hatten, dass im nahegelegenen Neubaugebiet der schon lange versprochene Kindergarten endlich gebaut – und unser Anliegen nach Integration auch tatsächlich berücksichtigt wurde.


Glücklich waren wir auch, dass Klara kurz vor ihrem 7. Geburtstag in der Sprengelschule eingeschult wurde. Aber wir hatten uns zu früh gefreut: die Lehrerin, der Schulleiter, der mobile sonderpädagogische Dienst und allen voran das Schulamt hatten zu diesem Zeitpunkt (2004 – die UN-Behindertenrechtskonvention war in Deutschland noch nicht ratifiziert) weder begriffen, was Inklusion eigentlich ist, noch waren sie in der Lage, die für uns deutlichen Lernfortschritte unserer – zugegeben sehr zurückhaltenden – Tochter erkennen zu können oder zu wollen.


Seit dem 2. Schuljahr besucht Klara – inzwischen in der 7. Klasse – eine Außenklasse an einer Mittelschule im Landkreis, in der Nachbarschaft der Förderschule. Auf Drängen der Eltern wird inzwischen begrenzt - in Musik und für Klara in Kochen - kooperiert, aber Klara fühlt sich dort wohl, macht Fortschritte und wir versuchen, ihr wenigstens in der Freizeit noch Kontakte zu Kindern und Jugendlichen in Nachbarschaft, Jugendgruppe und Judoverein zu ermöglichen.


Klara ist dieses Jahr 14 Jahre alt geworden und hat es problemlos verkraftet, dass bereits 2 ihrer großen Schwestern zum Studieren ausgezogen sind. Die Freude, wenn die Familie mal wieder komplett ist, ist umso größer. Neben vielen Sonnenschein-Momenten erleben wir natürlich auch, dass die junge Dame von zickigen Pubertätsphasen und Sturheitsattacken trotz (oder wegen?) Down-Syndrom nicht verschont bleibt, aber wir freuen uns an ihrer wachsenden Selbstständigkeit (z. B. fährt sie allein mit dem Roller zur Jugendgruppe im Pfarrheim oder mit der Straßenbahn in die Stadt, um am Königsplatz den Papa zu treffen). Besonders stolz war sie, als sie zum 14. Geburtstag von uns einen Hausschlüssel und ein Handy bekam.


Mit großer Begeisterung besucht Klara die „Starken Mädchen“, sie spielt Veeh-Harfe, hat das Seepferdchen gemacht, überrascht uns gelegentlich damit, dass sie das Frühstück macht, kocht gerne und ist in allem ziemlich selbstständig geworden. Wir sind gespannt, welche Überraschungen sie in Zukunft für uns noch bereit hält.