Ein Bluttest während der Schwangerschaft kann ermitteln, ob der Embryo die Veranlagung für das Down-Syndrom in sich trägt. Das sei Selektion, kritisiert der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, und stellt ein juristisches Gutachten vor.

Berlin - Wir sind, verdammt noch mal, alle Menschen.“ Sebastian Urbanski sagt diesen Satz, ein junger Mann mit Down-Syndrom. Es klingt wie eine Mischung aus Selbstbewusstsein und Verzweiflung, und es wird still in der Bundespressekonferenz. Eine kurze Denkpause mitten in juristischen Stellungnahmen zu einem neuen Bluttest in den ersten Schwangerschaftswochen. In den kommenden Wochen soll er in Deutschland auf den Markt kommen und anzeigen, ob ein Kind mit dem Down-Syndrom (Trisomie 21) geboren wird – in der Regel geistig behindert und mit einem anderen Körperbau.

 

Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe (CDU), hat die Bundesländer aufgefordert, den Test zu verbieten. „Ich halte den Test für illegal“, sagt er und spricht von Diskriminierung und Selektion. Er stützt sich auf ein neues Rechtsgutachten der Universität Bonn, das er speziell zum neuen Blutest, dem Praena-Test des Konstanzer Unternehmens Life-Codexx, in Auftrag gegeben hat. Für den Gutachter Klaus Ferdinand Gärditz ist der Test mit geltendem Recht nicht vereinbar – weder mit der Menschenwürde noch mit Artikel 3 des Grundgesetzes. „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“, heißt es dort. Der Test suche ohne medizinischen Zweck nach einer bestimmten genetischen Abweichung.

Der entscheidende Vergleich mit der Fruchtwasseruntersuchung

Doch die Lage ist verzwickt. Schon lange gibt es Fruchtwasseruntersuchungen, die auch auf Trisomie 21 testen. Sie sind nicht verboten, obwohl die Entnahme mit einer langen und spitzen Nadel für einen Embryo nicht völlig ungefährlich ist. Der Effekt aber ist eindeutig: 90 Prozent der Eltern entscheiden sich bei Down-Syndrom gegen ihr Baby. Warum sollte also ein Bluttest bei der Mutter, der weniger gefährlich ist als eine Fruchtblasenpunktion, unzulässig sein, argumentiert die Herstellerfirma. Gärditz hält dagegen, dass die Fruchtwasseruntersuchung nicht immer nur auf einen bestimmten Gendefekt teste, sondern auch therapeutische Zwecke habe. Bei dem Praena-Test sei das nicht der Fall.

Ein Verbot des Tests dürfte schwierig werden. Die Schwerter sind stumpf, gibt Hüppe zu. Nur Betroffene könnten dagegen klagen. Doch Mütter, die den Test nutzen, werden das kaum tun.